Kann man Zeit totschlagen?

Seit Wochen beschäftigt mich das Thema Zeitmanagement. Und ich frage mich: Kann man seine Zeit überhaupt managen?  Lässt Zeit sich nutzen? Oder nachholen oder schenken? Oder gar totschlagen oder vergeuden? Kann man Zeit als Objekt betrachten?

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Versuche doch selbst einmal, jemandem zu erklären, was Zeit ist. Du wirst sehen, das ist gar nicht so einfach!

Ein Wörterbuch hat weniger Probleme mit einer Erklärung. Zeit ist danach einfach „der Ablauf des Geschehens“, „das Nacheinander des Erlebens“ „die Aufeinanderfolge der Ereignisse“.

Einstein, der sich viele Gedanken über die Zeit gemacht hatte, konnte es sich leisten zu sagen:
Zeit ist das, was man auf der Uhr abliest.

Die persönliche Einstellung zur Zeit ist maßgebend, wenn es darum geht, über Zeit zu philosophieren. Jede Stunde, die wir für eine Tätigkeit eingeplant haben, kann viel oder wenig sein. Wir kennen das Phänomen vom halb leeren oder halb vollen Glas Wasser. Auch der Zeitdruck, den wir uns machen, beeinflusst unsere Wahrnehmung enorm. Du hast bestimmt auch schon gemerkt, dass scheinbar vor allem dann alle Ampeln auf rot stehen, wenn du es eilig hast.

Es lohnt sich, einen Moment lang über dem eigenen „Lebenszeitstrom“ innezuhalten und ihn – zum Beispiel auf einer Brücke – von oben zu betrachten. Stell dir vor, unter dir fließt der Lebenszeitstrom wie ein Fluss unter der Brücke durch in die Ferne. Blickst du diesem Zeitstrom nach, hast du das Gefühl, Zeit zu verlieren.

Wechselst du dann die Brückenseite, siehst du den Zeitstrom auf dich zufließen. Eine große Menge Zeit kommt auf dich zu. Die Zeitfülle wird damit auf dieser Seite für dich zur „großen Chance“. Du kannst selbst bestimmen, auf welcher Brückenseite du stehen willst. Entweder trauerst du enttäuscht der davonfließenden Lebenszeit nach oder du stehst vor eine Zeitfülle mit unzähligen Möglichkeiten.

Auch mit unserer Sprache erschaffen wir Wirklichkeiten.  Ein Beispiel dafür ist der berühmte „Sachzwang“. Damit bezeichnen wir äußere unveränderbar scheinende Umstände, mit denen wir begründen, warum wir etwas tun, obwohl wir eigentlich etwas anderes lieber täten, z. B.: „Ich würde ja gerne …, aber (SachzwangXY) steht dem entgegen.“. Eigentlich gibt es keine Sachzwänge, sonder nur Situationen und Folgen.

Wer erinnert sich noch an den Spruch von Bertolt Brecht: „Wer A sagt, muss nicht B sagen. Er kann erkennen, dass A falsch war.“

Schön wäre es, wenn wir uns bewusst machen, dass wir uns frei entschieden haben, und deshalb die Folgen unserer Entscheidung tragen. Und nicht versuchen, die Verantwortung für unsere Entscheidungen auf äußere Umstände abzuwälzen. „Ich hatte nie eine Wahl.“ (Opferhaltung) mag für den Betreffenden eine emotionale Erfahrung sein.

Doch Einstellungen sind Einstellungen, keine Wahrheiten. Und Einstellungen sind veränderbar, wenn sie bewusst sind. Die Einstellung, „Ich kann immer wählen.“, ist genauso eine Einstellung – und keine Wahrheit. Aber sie hat ganz andere Folgen.

Die Haltung der Selbstverantwortung (Ich habe immer eine Wahl) setzt viel Kreativität und Handlungsenergie frei. Natürlich kann man nicht über alles im Leben bestimmen. Das Glück wählen wir nicht und ebenso wenig das Leid. Was wir wählen können, ist die Art und Weise, wie wir damit umgehen – unsere Einstellung dazu. Gemäß dem Motto: „Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens!“

In diesem Sinne wünsche ich euch eine Woche voller Kreativität und Handlungsenergie.

Anette

Meinen Blogbeitrag schließe ich wie immer mit einem Zitat, diesmal von Wilhelm Busch:

Hartnäckig weiter fließt die Zeit,
die Zukunft wird Vergangenheit.
Aus einem großen Reservoir
ins andre rieselt Jahr um Jahr.

 

 

 

4 Gedanken zu „Kann man Zeit totschlagen?

  1. Sonja

    Danke dir liebe Anette…
    wunderschön geschrieben und so wahr!
    Ich beschäftige mich momentan auch mit dem Thema Zeit sehr intensiv….

    ein herzlicher Gruß aus Bayern
    Sonja

    Antworten
  2. Heribert Gillissen

    Liebe Frau Jürges,

    das ist sehr gut ausgedrückt und gehaltvoll dargestellt.

    Interessant ist, dass die Menschen am ehesten von Zeit reden, wenn es um Vergangenes und um organisatorische Zeit(Messung) geht. Selten aber, wenn sie sich mit Begeisterung in etwas vertiefen – dann haben sie „die Zeit vergessen“.
    Je mehr wir uns einem Thema hingeben, um so weniger ist dies begleitet von einem Zeitempfinden. Schade, dass es ganz ohne organisatorische Zeit nicht geht …..
    (s. a. Vera F. Birkenbihl; Freude durch Stress; Energienmodell mit der Unterscheidung von Chronos und Chairos).

    Danke für Ihre nachdenklich stimmenden Worte und eine schöne Weihnacht außerhalb des Zeitstroms…

    Heribert Gillissen
    umgedacht.

    Antworten
    1. p234339 Artikelautor

      Lieber Herr Gillissen,

      lieben Dank für Ihren Kommentar. Und danke für den Buchtipp.

      Ich lasse einfach den Zeitstrom auf mich zukommen (von der Brücke aus gesehen) und in der Tat habe ich in diesem Jahr ganz besonders entspannte Weihnachten vor mir.

      Herzliche Grüße zu Ihnen und wunderbare Feiertage für Sie,

      Anette Jürges

      Antworten

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